Fluch und Segen

Bis gestern war ich von zwei Dingen recht überzeugt:
Erstens: Trotz erblicher Vorbelastung kann ich einen recht passablen Orientierungssinn vorweisen.
Zweitens: Obwohl auch ich zu den Smartphone-Besitzern zähle, bin ich trotzdem unabhängig und kann bestens auf mein kleines mobiles Gerät verzichten.

Fluch und Segen

Fluch und Segen

Leider hat mich gestern die bittere Erkenntnis eingeholt, dass weder die eine noch die andere Überzeugung der Wahrheit entspricht.
Zur Vorgeschichte: Mit dem Antritt meines FSJ Kulturs haben sich einige Lebensumstände sehr verändert. Leider hat sich der Arbeitsalltag weniger gut auf so manch meiner Freizeitbeschäftigungen ausgewirkt. Nachdem auch meine sportlichen Aktivitäten deutlich nachgelassen hatten, beschloss ich dem entgegenzuwirken und mit einem Salsakurs meine Leidenschaft fürs Tanzen wieder aufleben lassen. Seit einigen Wochen schwinge ich nun wieder das Tanzbein, was sich als perfektes Ventil für überschüssige Energie und als Balsam für die Seele erweist.

Nachdem mein Kurs gestern in eine andere Räumlichkeit verlegt wurde, musste ich meinen Zeitplan ein wenig umstrukturieren. Blöd nur, dass der Morgen, dank viel zu wenig Schlaf, dunkle Schatten vorauswarf! Schmerzlich stellte in der U-Bahn fest, dass ich so ziemlich die Hälfte von dem was ich eigentlich mitnehmen wollte, zu Hause vergessen hatte. Unter anderem mein Handy. Kein Problem, dachte ich mir, ich kann schließlich bestens darauf verzichten.
Trotz morgendlicher Schwierigkeiten, entpuppte sich der Tag in der Einsatzstelle als sehr effektiv und weitere Komplikationen blieben mir erspart. Lediglich ein grummelnder Magen lenkte mich ein wenig von der Arbeit ab, hatte ich auch den gewohnten Frühstücksapfel auf dem heimischen Tisch zurückgelassen.

Am späten Nachmittag dann der Griff in die Tasche, nachdem ich ein Vibrieren hörte.
HA! Schlagartig fiel mir wieder ein, dass sich mein Handy nicht im Rucksack befand. Dass mein Gehirn mir Handygeräusche vorgaukelte, schob ich auf den nahenden Feierabend.

Abends verließ ich das Hochschulgebäude in Richtung Tanzschule. Erst da fiel mir auf, dass ich weder Straße noch Hausnummer der neuen Räumlichkeit kannte. Ein Griff ins Leere der Jackentasche erinnerte mich erneut an das fehlende Handy. Na toll, und was sollte ich nun ohne die E-Mail, in der alle Informationen standen, machen? Wenigstens die U-Bahn Station kannte ich und so baute ich auf meine Orientierungssinn.
An der U-Bahnstation ausgestiegen lief ich einfach mal drauf los, wird schon stimmen!
Wird eben nicht stimmen! Auf einmal stand ich an der Kreuzung an der ich vor zwei Stunden Geld abgehoben hatte, Hä? Nach einem erneuten obligatorischen Griff in die leere Jackentasche, beschlich mich erstmals das Gefühl, dass ich vielleicht doch ein bisschen verloren ohne mein Handy sein könnte. In Gedanken rief ich den Stadtplan auf und versuchte mir anhand der Straßennamen einen Überblick zu verschaffen. Meine Erkenntnisse rieten mir, wieder den Rückzug anzutreten. Nach fünf Minuten Gehweg stand ich an einer noch größeren Kreuzung und war noch viel orientierungsloser als zuvor! So und jetzt? Ich könnte eine Freundin anrufen, die  Straße und Hausnummer recherchieren würde! Ich biss mir auf die Lippe, das hatte ich gerade BITTE nicht gedacht! Scheinbar wollte mein Unterbewusstsein einfach noch nicht wahrhaben, dass mein Handy nun mal nicht in der Nähe war!

Ja, da stand ich nun, orientierungslos und aufgeschmissen. Ohne Adresse konnte ich noch nicht mal einen Passanten nach dem Weg fragen, fantastisch!
Es halft alles nichts und so lief ich einfach eine Straße weiter, denn wie heißt es so schön: alle Wege führen nach Rom. Nachdem ich kurz davor war jegliches Selbstvertrauen zu verlieren rief mir der Blick auf ein Straßenschild wieder die entfallene Adresse ins Gedächtnis! Tatsächlich, ich stand in der richtigen Straße, TRIUMPH, naja fast. Die Tanzschule zu finden sollte nun aber wirklich ein leichtes sein. Blöd nur, dass es in der besagten Straße keine Tanzschule gab, lediglich ein großes Jugendhaus, vor welchem ich mich entnervt hinsetzte und beschloss diese sinnlose Aktion abzubrechen.
Als ich mich umdrehte, sah ich hinter der Fensterscheibe des Jugendzentrums ein paar Tanzschuhe stehen. Ich saß doch tatsächlich direkt vor der Tanzschule! Obwohl sich Freude und Erleichterung breit machen sollten, merkte ich nur die Scham in mir hochsteigen. Dieser Tag war von Peinlichkeit gekrönt und ich gestand mir ein, nein, ich habe weder eine tolle Orientierung noch bin ich so wunderbar unabhängig von meinem mobilen Begleiter.

Diese Erkenntnis schockiert mich auch heute Morgen noch. Bin ich tatsächlich dermaßen angewiesen auf mein Handy? Obwohl ich mit Sicherheit weniger Gebrauch von meinem Smartphone mache als so manch anderer, habe auch ich begonnen mich voll und ganz auf mein Handy zu verlassen – ein Segen und Fluch zugleich!
Dem will ich nun entschieden entgegen wirken! In Zukunft werde ich das blöde Teil einfach mal absichtlich daheim lassen, schließlich gibt es genügend Menschen die OHNE es auskommen und auch ich möchte mich dazu zählen können! Mal sehen ob sich der Entschluss so einfach in die Tat umsetzen lässt!

Fluch und Segen

Fluch und Segen

 

Der Rückweg zur U-Bahn kostete mich im Übrigen sage und schreibe zwei Minuten! Ich war schlicht und ergreifend im Karree gelaufen!

 

Theresa

 

 

 

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2 Kommentare zu “Fluch und Segen

  1. Haha oh man, das klingt echt nach einem anstrengenden Tag! Mein Handy kann so fancy Dinge nicht, weshalb ich mich immer auf meinen Orientierungssinn, oder gute alte Karen verlasse.. bisher ist noch nichts schief gelaufen, fingers crossed.
    PS: Endlich habe ich mal ein bisschen Zeit, hier mal wieder zu lesen! Uni ist dieses Semester so ein Mist, da ist es mal nett, etwas relaxen zu können 🙂
    Liebste Grüße nach München! ❤

    • Oh man das war echt ein Tag, wenns schief läuft dann so richtig ;)! Ein Handy ohne all diese Funktionen wäre mir manchmal echt lieber, also verlass Dich weiterhin bloß auf deinen Orientierungssinn :)!
      Der Unistress bleibt mir ja glücklicherweise NOCH erspart, deshalb kann ich mir die Zeit auch ganz ohne schlechtes Gewissen in der Sonne vertreiben!
      Freut mich auf jeden Fall, dass Du hier ein wenig rumstöberst, ganz liebe Grüße zurück ❤

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